Leitartikel, Ausgabe 45

Maik Schwarz

Maik Schwarz

Generation Jetzt.
Husqvarna ist abgehakt. Konzentrieren wir uns nun auf das Wesentliche

Ende Januar, zwei Wochen nach dem ausgebliebenen sportlichen Durchbruch bei der Dakar-Rallye, verkündete BMW die Trennung von Husqvarna Motorcycles. Diese Nachricht überraschte fast alle, selbst Branchenkenner. Denn seit der Husqvarna-Übernahme im Herbst 2007, initiiert vom damaligen BMW Motorrad-Leiter Herbert Diess, flossen viel Kapital, Ressourcen und Know how über die Alpen ins norditalienische Varese. Das Werk wurde modernisiert und erweitert, die Modellpalette breiter aufgestellt. Doch der Erfolg blieb aus, bis zuletzt. Nun, hinterher, ist es müßig, über die Gründe für das Scheitern zu spekulieren. Man macht es trotzdem. Fragezeichen machen sich in einer Markenchronik nun mal nicht gut. Also: Neben anhaltenden Verständigungsproblemen zwischen der deutschen Zentrale und manchen italienischen Kollegen sowie ungünstigen Vertriebsstrukturen ist die Hauptursache wohl ganz einfach im Marktumfeld zu suchen. Denn nachdem BMW bei der ursprünglich schwedischen Enduro- und Supermoto-Marke eingestiegen war, halbierte sich das weltweite Gesamtvolumen in diesem Bereich. KTM dominiert in der geschrumpften Nische, und so erscheint es durchaus passend, dass nun ausgerechnet KTM-Boss Stefan Pierer sich der schwächelnden Konkurrenz annehmen will. Dennoch ist es schleierhaft, was genau Pierer nun mit Husqvarna vorhat. Ein großes persönliches oder unternehmerisches Risiko dürfte er indes nicht eingegangen sein. Insider vermuten, dass Pierer die Marke mitsamt Werk fast geschenkt bekommen haben dürfte. Zumindest in Relation zu dem schmerzenden dreistelligen Millionenbetrag, den BMW in fünf Jahren insgesamt investierte. Sich über den damaligen Fehlkauf und den in erster Linie finanziellen Verlust zu ärgern, bringt nichts außer Verdruss. Mitarbeiter und Freunde der Bayerischen Motoren Werke sollten dieses Kapitel nun abhaken und vergessen. Bis auf die famose 900er-Ausführung des F 800-Motors, die hoffentlich eine Zukunftschance, etwa in Form einer F 900 R, bekommt.
Um jüngere Kunden anzusprechen – das war der eigentliche Ansatz mit Husqvarna – braucht man nicht unbedingt schweißtreibende Sportgeräte. Ohnehin sollte man in den bisweilen realitätsentrückten, zu anonymen Dimensionen aufgeblähten Marketingabteilungen zur Kenntnis nehmen, dass viele der Zielpersonen ziemlich immun gegen synthetisch aufgezäumte Produkte zu sein scheinen. Nur authentisches Auftreten erzeugt echtes Identifikationspotenzial. So gesehen füllen die Kollegen aus Design und Entwicklung bei BMW Motorrad – derzeit eine wirklich tolle Truppe – all die aufgeschäumten Imageblasen mit Leben.
Wieder mal sehr schön spürbar wird die wahre Liebe bei unserem Themenschwerpunkt Boxer-Roadster in dieser Ausgabe. Coole Typen, die meisten zwischen 20 und 40, haben sich diese puren Fahrmaschinen gebaut. Damit propagieren sie das Selbermachen, nicht den Neukauf. Aus der kurzsichtigen Vertriebsperspektive erscheint das unerfreulich. Wobei nicht selten noch eine zweite, aktuelle, ganz pragmatisch im Standard belassene BMW für Alltag und Reisen in der Fan-Garage steht. Die Sehnsucht der „Generation jetzt“ ist nicht lückenlos gestillt. Seit über vier Jahren warten wir auf den puristischen Ur-Roadster von BMW. An dieser Stelle werden die Damen und Herren vom Marketing mit den Augen rollen. Retro, das Wort will keiner hören. Neoklassiker vielleicht? Bei Lo Rider zucken die Anwälte von Harley-Davidson, und Custom Concept ist nur ein Konzept, kein Name. Wie auch immer. Voraussichtlich im Herbst dieses Jahres wird es endlich soweit sein. Mit dem nur unwesentlich über 200 Kilogramm leichten Roadster darf der luft-ölgekühlte Boxermotor dann noch drei Jahre lang Ehrenrunden drehen, bis zum Inkrafttreten der Euro 4-Abgasnorm.
In jeglicher Hinsicht zukunftssicher ist der neue „Wasserboxer“. Mit diesem Motor werden wir noch viel Freude am Fahren haben. Stichwort Baureihe: GS, RT, ST, R. Womöglich wird es auch wieder S und HP2-Varianten geben. Ein Sportboxer ist der Neue jedenfalls schon jetzt, in der ersten Konfiguration für die R 1200 GS. Ihre Entwicklung ist eine Frischzellenkur gewesen, und genau so fühlt es sich an. Allen Boxerfreunden, „Youngstern und Best-Agern“, aber natürlich auch der heterogenen Masse der GS-Fahrer, sei eine Probefahrt ans Herz gelegt.

Einen sonnigen Saisonstart mit Ihrer geschichtsträchtigen oder frisch aus Spandau gelieferten BMW wünscht

 

Maik Schwarz

 

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